Es gibt zwei wichtige Komponenten, die in der Kampfkunst (und natürlich auch im Kampfsport) den Unterschied ausmachen. Zwei Komponenten, die entscheiden, ob du Monat für Monat besser wirst, oder auf der Stelle trittst.
Und es geht NICHT darum, bei den besten Lehrern Unterricht zu nehmen oder hunderte Kilometer zu irgendwelchen Seminaren zu pilgern …
Die zwei Komponenten, die dich immer besser werden lassen, sind:
- Die investierte Trainingszeit
- Die Qualität deines Trainings
Alle nachfolgenden Tipps für dein Kampfkunsttraining betreffen im Grunde eine dieser zwei Komponenten. Die ersten beiden Tipps möchte ich aber besonders hervorheben:
Tipp Nr. 1
Geh regelmäßig zum Training
Seien wir mal ehrlich: Nach einem anstrengenden Arbeitstag möchte man so einige Dinge machen, nur nicht trainieren gehen.
Mir ist es schon hunderte Male so gegangen, dass ich einfach keine Lust auf Training hatte – und doch bin ich so gut wie jedes Mal hingegangen.
Und weißt du was? Sobald ich dann dort war und zu trainieren angefangen habe, war ich froh, mich erneut aufgerafft zu haben. Schon fühlte ich mich sowohl körperlich als auch mental besser und ich war unter Leuten.
Aufraffen lohnt sich. Meist fühlt man sich im Nachhinein besser und ist froh hingegangen zu sein.
Und noch etwas:
Langfristig kommt es nicht auf DIE Trainings an, für die du sowieso voll motiviert warst, weil du den ganzen Tag frei hattest und es nicht erwarten konntest, dass endlich etwas Action ist.
Langfristig machen dich vor allem DIE Trainings besser, für die du dich aufraffen musstest.
Es macht dann einen großen Unterschied, ob du deinem Impuls jedesmal nachgegeben hast, zuhause vor dem Fernseher zu bleiben, oder, ob du jedesmal deine Sachen gepackt und zum Training gedüst bist.
Tipp Nr. 2
Sei aufmerksam im Training
Es kommt aber nicht nur darauf an, dass du möglichst viele Stunden des Trainings ansammelst. Diese Stunden gehören dann noch sinnvoll genutzt.
Und damit meine ich NICHT, dass du nur bei den besten Kämpfern der Welt etwas lernen kannst. Du kannst sogar ein super Training in den eigenen vier Wänden absolvieren – und zwar auch ohne Trainingspartner.
Was ich damit ansprechen möchte ist, dass wir aufmerksam – sprich achtsam – trainieren sollten.
Das beginnt damit, dass du nicht die Gedanken umherschweifen lässt, wenn der Trainer etwas vorzeigt.
Es kommt nicht selten vor, dass Schüler zwar den Trainer beobachten, aber überhaupt nichts mitbekommen und nachher auch nicht wissen, was sie denn nun machen sollen. Denn in Gedanken waren sie in Wahrheit ganz woanders.
Doch auch beim Training selbst solltest du immer aufmerksam bei der Sache sein. Falls du zum Beispiel Wing Chun trainierst und im Training die Siu Nim Tao machst, dann kannst du dir das im Grunde aber sparen, wenn du grade nur daran denkst, was du morgen früh unbedingt noch einkaufen musst.
Dasselbe gilt natürlich auch für andere Basisübungen wie Schrittarbeit und Grundtechniken.
Du solltest voll bei der Sache sein, um das meiste aus deinem Training herauszuholen.
Weitere wichtige Tipps für dein Kampfkunsttraining sind:
Tipp Nr. 3
Trainiere Techniken zuerst langsam
Es gibt Schüler, die sehen eine Übung und machen sie vielleicht drei mal langsam. Dabei tun sie sich echt schwer und die Ausführung ist alles andere als flüssig.
Doch das hindert sie nicht im Mindesten daran, dass sie ab der vierten Wiederholung glauben, einen Geschwindigkeitsrekord aufstellen zu müssen.
Das Resultat: Sie lernen die vorgezeigte Übung nie, denn sie machen jede Menge Schlampigkeitsfehler. Und dabei lernen sie auch nie, wie sie ihren Körper korrekt bewegen, was sie anspannen und was sie locker lassen sollen. Fehler fallen nun mal nicht so auf, wenn man schnell trainiert.
Mein Tipp daher:
Führe jede Übung und jede Technik zuerst einige hundert Mal langsam aus, bevor du Schritt für Schritt das Tempo erhöhst.
Tipp Nr. 4
Wiederholungen sind gut
Als ich noch regelmäßig jede Woche nach Wien zum Eskrimatraining (= philippinscher Waffenkampf) gepilgert bin, war es fast bei jedem Training gang und gäbe, zu Beginn Grundlagen zu trainieren. Also Grundschläge bzw. Grundschnitte, Schrittarbeit und bestimmte Soloübungen.
All diese Sachen haben Fortgeschrittene schon hundert Mal gemacht. Und trotzdem tun sie gut daran, auch diese Sachen mit großem Eifer zu trainieren. Denn diese Grundlagen sind überaus wichtig.
Nur leider sind gerade diese Grundlagentrainings nicht sonderlich beliebt – und so werden die Übungen oft nur halbherzig ausgeführt.
Doch das ist ein großer Fehler.
Gerade die Grundlagen sind am wichtigsten. Die müssen hundertprozentig sitzen. Sonst hat das Erlernen höherer Techniken auch gar keinen Sinn.
Sei also nicht enttäuscht, wenn der Trainer mal eine Stunde lang nur wiederholt. Es tut dir gut. Sei voll bei der Sache und hol das Maximum aus dem Training. Und beobachte den Trainer ganz genau: Vielleicht fällt dir ja ein Detail auf, das du bisher noch gar nicht beachtet hast.
Tipp Nr. 5
Niemand möchte belehrt werden
Noch so ein kleines Einstellungsproblem, mit dem viele zu kämpfen haben.
Besonders betroffen davon sind jene Trainierenden, die zwar schon ein Weilchen dabei sind, aber noch nicht allzu lang. Denn diese glauben meist mehr zu können, als sie tatsächlich drauf haben.
Mein Tipp daher:
Halt lieber den Schnabel und trainier. Und hör auf Trainer zu spielen. Niemand mag Besserwisser – sei lieber zuerst mal ein Besserkönner 😉
Eine Einschränkung gibt es da natürlich schon: Wenn du etwas wirklich schon recht gut kannst und dein Trainingspartner macht offensichtlich was falsch (bzw. er hindert dich daran, die Übung so auszuführen, wie sie der Trainer vorgezeigt hat), dann kannst du ihm das natürlich schon sagen – du solltest es sogar.
Nur macht halt der Ton die Musik – fang nicht an zu belehren, sondern gib ihm oder ihr lieber eine wertvolle Hilfestellung.
Tipp Nr. 6
Leave your ego at the door
Gib dein Ego vor der Tür ab. Diesen Trainingstipp sollten sich vor allem Männer zu Herzen nehmen, von denen sehr sehr viele ein gewaltiges Egoproblem haben.
Beim Unterrichten von Wing Chun ist mir das oft aufgefallen: Zum Beispiel haben die Leute zu Beginn ihre Formen trainiert – sagen wir mal die Cham Kiu (die zweite Form im Wing Chun).
Als ich so von der Ferne draufgeblickt habe – sich die Leute also nicht beobachtet gefühlt haben – haben sie die Cham Kiu langsam ausgeführt. Und zwar auch die schwierigen Stellen wie z.B. den seitlichen Tritt.
Als ich dann allerdings hingegangen bin und der seitliche Tritt mal wieder an der Reihe war, wurde dieser etwa dreimal so schnell ausgeführt wie der Rest.
Der Grund liegt auf der Hand: Wenn man etwas schnell macht, dann fallen Fehler nicht so auf.
Die Message war also: Sag mir ja nichts, was ich falsch mache. Ich mache auch gar nichts falsch. Ich bin super.
… und ich will offensichtlich nichts mehr dazulernen …
Tipp Nr. 7
Du kannst von jedem etwas lernen
Gerade Fortgeschrittene glauben oft, dass sie unbedingt einen „Zweiten“ – sprich: gleich hoch Graduierten – brauchen, um sinnvoll trainieren zu können.
Viele Fortgeschrittene gehen noch nicht mal zum Training, wenn ihr Trainingspartner was anderes vorhat. Denn mit wem sollen sie denn schon trainieren?
Ich muss dich leider von deinem hohen Ross herunterholen: Du kannst nicht nur mit ihnen trainieren. Du kannst sogar noch etwas von Anfängern lernen (sogar was Kampfkunst und Selbstverteidigung betrifft).
Ja im Ernst!
Bleiben wir beim Beispiel des Wing Chun Trainings: Wenn du mit einem Anfänger trainierst, dann wird er dich wahrscheinlich nicht mit engem tiefen Ellbogen, sowie mit vertikaler Faust und auf der Zentrallinie angreifen.
Und deshalb wirst du dir vielleicht viel schwerer tun dies abzuwehren, als bei einem anderen Schüler, der schon drei Jahre Wing Chun trainiert.
Nicht etwa, dass der Anfänger besser wäre. Nein. Er macht es nur anders. Und das ist gut so.
Tipp Nr. 8
Trainiere mit unterschiedlichen Trainingspartnern
Stell dir vor, du trainierst jedes Mal mit demselben Trainingspartner – jahraus und jahrein.
Ihr zwei harmoniert prima, jede Technik sitzt und das auch noch bei hohem Tempo. Mit stolz geschwellter Brust geht ihr also zur Prüfung. Ihr wisst um euer Können und seit euch hunderprozentig sicher, dass der nächste Grad nur Formsache ist.
Doch ihr fallt durch. Und das auch noch zu Recht. Der Prüfer hat euch aus Winkeln und mit Techniken angegriffen, mit denen ihr noch nie konfrontiert wart. Ihr seid dagestanden wie die letzten Idioten.
Und die Moral von der Geschichte: Wechsle öfter den Trainingspartner!
Tipp Nr. 9
Solotraining ist sehr wichtig
Fast kein Kampfkünstler trainiert regelmäßig allein für sich zu Hause. Und das ist ein schlimmer Fehler!
Vieles ist anders und fühlt sich anders an, wenn man zu Hause allein für sich ist und anfängt zu trainieren.
Denn auch Sachen, die man im Gruppentraining schon alleine trainiert hat, fühlen sich zu Hause ganz anders an. Zu Hause ist nämlich sonst niemand da. Es ist kein anderer da, der grade ebenfalls trainiert, der sich mit wem unterhält oder dir zusieht.
Die Atmosphäre ist also ganz eine andere. Und somit trainiert man auch anders. Auf einmal fallen einem Sachen auf, die einem im normalen Training nie aufgefallen wären.
Und Solotraining hat noch einen Vorteil: Gruppentrainings finden nur zu bestimmten Zeiten statt. Wenn du auch zu Hause trainierst, dann kommen viele zusätzliche Trainingsstunden zusammen, die sich langfristig mit Sicherheit bemerkbar machen werden.
Tipp Nr. 10
Besorg dir Trainingsausrüstung für zu Hause
Es wird mit der Zeit sicher langweilig, wenn man nur Formen, Schrittarbeit und Grundtechniken zu Hause trainiert.
Deshalb hab ich diesen Trainingstipp für dich: Besorg dir Trainingsausrüstung für zu Hause. Das macht das ganze Training spannender und abwechslungsreicher.
Wie wär´s z.B. mit einem Wandsack oder gleich einem Boxsack, den du an der Decke montierst?
Ein großer Spiegel macht das Training auch entschieden besser.
Oder wie wär`s zur Abwechslung mal mit etwas Doppelstocktraining? Besorg dir zwei Rattanstöcke und beginne mit Sinawali Übungen. Zum Beispiel mit diesen hier:
Ach ja: Weitere Sinawali-Übungen (welche ich dann auch Schritt für Schritt erkläre) gibt es hier bzw. in unserem Mitgliederbereich für Eskrima.
Tipp Nr. 11
Richte dir einen eigenen Trainingsbereich ein
Ich habe bei mir zuhause einen Raum, wo ich regelmäßig alleine oder mit anderen trainiere. Allein schon der Umstand, dass dieser Raum nur für´s Training da ist, motiviert mich ungemein, ihn auch zu nutzen.
Und man trainiert dort auch viel lieber als im Wohnzimmer, wo alles mögliche im Weg steht – und vielleicht noch die Familie oder deine Mitbewohner um dich herum sind.
Doch es muss nicht gleich ein ganzer Raum sein. Vielleicht lassen sich zumindest ein paar Quadratmeter eines Raumes als Trainingsfläche umfunktionieren.
Fakt ist: Wenn du daheim trainieren möchtest – und das auch noch regelmäßig – dann führt in der Regel kein Weg an einem eigenen Trainingsbereich vorbei.
Tipp Nr. 12
Nutze die Macht von Gewohnheiten
Schaffe eine Gewohnheit täglich zu trainieren – und wenn es nur 5 Minuten sind.
Ich weiß, fünf Minuten klingen lächerlich. Was soll das schon bringen? Doch es geht in Wahrheit auch gar nicht so sehr um die paar Minuten.
Es geht darum, dass du eine Gewohnheit daraus machst. Aus den fünf Minuten können an manchen Tagen auch gleich mal eineinhalb Stunden werden. Und das zahlt sich dann wirklich aus.
Und das Schöne an solchen Gewohnheiten: Wir brauchen mit der Zeit nicht mehr viel darüber nachzudenken, sondern setzen die Gewohnheit einfach um – vollautomatisch und ohne willentliche Anstrengung.
Mit der Zeit hat man sogar ein schlechtes Gewissen, wenn man mal einen Tag lang nicht trainiert.
Ach ja: So ganz stimmt das übrigens auch nicht, dass 5 Minuten Training am Tag nichts bringen. Selbst wenn du es also jedesmal nur bei 5 Minuten belässt, hat das langfristig eine Auswirkung – vor allem, wenn du das zusätzlich zum normalen Gruppenunterricht machst.
Denn überleg mal, was fünf Minuten am Tag langfristig bedeuten: Im Jahr kommst du so auf 365 mal 5 = 1.825 Minuten an zusätzlichem Training. Umgerechnet sind das über 30 Stunden!
Gar nicht schlecht für 5 Minuten Aufwand täglich.
Tipp Nr. 13
Konzentrier dich mehr auf Fähigkeiten
– nicht nur auf Techniken
Zu Beginn ist das ja noch voll in Ordnung, wenn man sich hauptsächlich auf Techniken konzentriert. Als Anfänger braucht man ja auch was Fixes, an das man sich orientieren kann.
Doch umso besser man wird, desto mehr sollten allgemeine Kampffähigkeiten in den Vordergrund rücken. Techniken treten da immer mehr in den Hintergrund.
Was diese allgemeinen Kampffähigkeiten betrifft, ist vor allem die Rede von Schlagkraft, Gleichgewicht, optischem und taktilem Reagieren, sowie von Beweglichkeit, Distanzgefühl und Timing.
Das meiste davon kannst du auch daheim im stillen Kämmerlein trainieren.
Was Schlagkraft betrifft, könntest du das an einem Boxsack oder auch an einem Wandsack trainieren.
Du kannst auch prima alleine spezielle Gleichgewichtsübungen machen und an deiner Beweglichkeit arbeiten (wichtig ist dabei vor allem die Rumpfbeweglichkeit).
Und sogar Reaktionen und Distanzgefühl kannst du zu einem gewissen Grad alleine zu Hause trainieren – zum Beispiel durch eine Boxbirne / einem Punching Ball.
Tipp Nr. 14
Investiere in gute Traingssachen
Es ist nicht nur ratsam, sich für daheim gutes Trainingsequipment zu besorgen. Auch für´s Gruppentraining lohnt es sich, ein paar Euro für gute Trainingssachen auszugeben.
Dazu zählen vor allem Faustschützer. Ich würde dir sogar raten, zwei Arten von Faustschützern zu kaufen: Welche für´s Schlagkrafttraining und welche, wo du den Trainingspartner auch mal etwas schneller angreifen kannst, weil sie gut gegpolstert sind.
Weitere Must-Haves sind aus meiner Sicht: Schienbein- und Unterarmschützer, und für alle Messerkämpfer gehören mit der Zeit auch gute Schutzbrillen dazu.
Das Training macht einfach mehr Spaß, wenn man gut ausgerüstet ist und nicht ständig Kompromisse machen muss.
Tipp Nr. 15
Besuche auch Seminare
Ich weiß, ich weiß: Anfangs hab ich gemeint, dass es nicht nötig ist, hunderte Kilometer zu irgendwelchen Seminaren zu fahren, um wirklich gut zu werden.
Dennoch bringen Seminare großen Nutzen. Da sie in der Regel deutlich länger dauern als der normale Gruppenunterricht, kann man sich intensiver mit einem bestimmten Thema auseinandersetzen.
Außerdem unterrichten dort meist andere Leute als im normalen Training. Man sieht also auch andere Zugänge und kommt auf neue Ideen. Und das kann ungemein wertvoll sein.
Aber trotzdem: Es ist kein Zufall, dass ich diesen Tipp an den Schluss gesetzt habe. Man sieht auf vielen Seminaren nämlich zwei Arten von Kampfkünstlern: Jene, die Seminare zusätzlich zum regulären Gruppenunterricht und zum Training zu Hause besuchen. Und jene, die sich nur auf Seminaren blicken lassen und den Rest des Jahres nichts trainieren.
Erstere Gruppe hat echt was drauf. Letztere Gruppe ist nicht selten zum Fremdschämen geeignet. (Nicht weil sie nicht viel können – aber weil sie zusätzlich auch noch glauben, sie können was)
Seminare allein machen aus dir noch lange keinen super Kampfkünstler. Aber sie unterstützen dich darin.
Foto: convisum - clipdealer.com
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