In den Medien sieht und hört man es immer wieder: Da ist die Rede vom maskierten Unbekannten, der eine Frau in der Parkgarage überfallen hat. Oder man hört von einem Typen, der seinen Opfern im Stadtpark auflauert.
Sieht man sich allerdings Statistiken genauer an, dann sollten Frauen die Fremde viel weniger fürchten als das unmittelbare Umfeld.
Am häufigsten geschieht Gewalt gegen Frauen nämlich in den eigenen vier Wänden – und zwar nicht von Unbekannten, sondern von Leuten aus dem eigenen Umfeld.
5 Täterklischees, die du endlich vergessen solltest …
Wenn es um Selbstverteidigung für Frauen geht, dann sollte man meiner Meinung nach zuerst mal mit solchen Täterklischees aufräumen.
Denn was nützt es, wenn ich mich immer nur auf Situationen vorbereite, die eher die Ausnahme sind als die Regel?
Will Frau sich optimal schützen, dann muss sie erstmal wissen, wer der typische Täter ist und wie dieser tickt.
Kenne deinen Feind und kenne dich selbst, und in hundert Schlachten wirst du nie in Gefahr geraten.
Sun Tzu
Deshalb präsentiere ich dir jetzt die fünf größten Täterklischees, die du als Frau schnell wieder vergessen solltest:
Täterklischee Nr. 1:
Es handelt sich um einen Fremdtäter
Das ist das gefährlichste Täterklischee von allen – weshalb ich es eingangs bereits angesprochen habe.
Problematisch ist dieses Klischee vor allem deshalb, weil man mental dann nicht vorbereitet ist, dass ein Übergriff auch daheim passieren kann. Und genau deshalb unternehmen die meisten auch nichts dagegen.
Fakt ist nämlich, dass mehr als die Hälfte der Gewalttaten an Frauen (egal ob physisch oder psychisch) von Bekannten verübt werden.
Manche Quellen sprechen sogar davon, dass nicht mal ein Viertel aller Taten von Fremdtätern begangen werden.
Willst du dich als Frau also bestmöglich vorbereiten, dann solltest du bereit sein, dich gegen deinen Partner, sowie gegen Familienmitglieder oder Bekannte zu verteidigen – und eben nicht in erster Linie gegen Fremde.
Besondere Gefahr geht für viele Frauen übrigens vom eigenen Partner aus, wie eine EU-weite Studie zeigt.
Täterklischee Nr. 2:
Der Täter ist ein Sonderling
Denkt man an einen typischen Täter, der Gewalt gegen Frauen verübt, dann denkt man an einen ungewaschenen und zwei Meter großen asozial anmutenden Hünen.
Doch die Wahrheit ist, dass Täter viele Gesichter haben und meist ganz normal wirken im Alltag.
Sieht man sich Berichte über Täter an, dann hört man meist, dass sie ganz normal gewirkt und ausgesehen haben. Niemand hätte im Traum daran gedacht, dass er jemandem Gewalt antun könne.
Täterklischee Nr. 3:
Es handelt sich um Taten aus dem Affekt heraus
Gewalt gegen Frauen geschieht sehr häufig geplant. Vor allem trifft dies auf Vergewaltigungen zu.
Ein Vorurteil ist dabei, dass diese meist durch Zufall zustande kommen – man war eben zur falschen Zeit am falschen Ort. Studien belegen allerdings, dass dies in den meisten Fällen nicht stimmt.
In Wahrheit sind die meisten Vergewaltigungen schon lange geplant gewesen. Der Täter hat einfach eine günstige Gelegenheit abgewartet. Laut diverser Polizeistatistiken beträgt der Anteil von Fremdtätern bei Vergewaltigungen nur zwischen 20 und 30 Prozent.
Dabei sind Frauen gerade dort am stärksten bedroht, wo sie sich eigentlich am sichersten fühlen, nämlich zuhause bzw. im unmittelbaren sozialen Umfeld.
Übrigens: Selbst im Park, wo sich Frauen am meisten vor einem fremden Täter fürchten, geschieht der größte Teil der Übergriffe durch den Begleiter – und eben nicht durch einen fremden Mann.
Täterklischee Nr. 4:
Die Vergewaltigung als Sexualdelikt
Dieses Klischee ist zum Glück heutzutage nicht mehr so verbreitet. Längst ist vielen klar geworden, dass die Vergewaltigung eher ein Macht- als ein Sexualdelikt ist.
Es geht sehr vielen Tätern somit in erster Linie nicht um Sex, sondern um eine Machtdemonstration. Sie sind auf Gott und die Welt wütend und lassen ihre Wut an einem unschuldigen Opfer aus.
Zumindest lässt eine aktuelle Studie aus den USA darauf schließen (entnommen aus Psychologie heute, Ausgabe 4/2015). Dabei wurde im Bundesstaat Kansas untersucht, ob es Unterschiede zwischen den einzelnen Landkreisen gibt.
In manchen Landkreisen von Kansas haben Frauen nämlich mehr Einfluss erlangt als Männer. Und genau dort werden besonders viele Frauen vergewaltigt. Der Studienautor erklärt dies damit, dass dort Frauen eher als Bedrohung wahrgenommen werden als andernorts, wodurch Männer versuchen, ihre Macht zu verteidigen.
Täterklischee Nr. 5:
Besonders bedroht sind aufreizend gekleidete Frauen
Ein gängiges Klischee ist, dass viele Frauen selbst schuld sind, wenn sie das Opfer einer Vergewaltigung oder einer anderen Gewalttat werden. Wer einen Minirock trägt dürfe sich nicht wundern, besonders gefährdet zu sein.
In Wahrheit ist aber eher das Gegenteil der Fall. Opfer von Gewaltverbrechen wie Vergewaltigungen sind eher die „Mauerblümchen“ als die selbstbewusst wirkenden Frauen.
Fakt ist nämlich: Täter suchen sich in erster Linie Opfer. Eine selbstbewusst wirkende Frau wird sich eher wehren als ein schüchternes Mädchen.
Deshalb sind viele Opfer von Vergewaltigungen auch noch keine 18 Jahre alt. Besonders gefährdet ist man laut einer amerikanischen Studie im Alter von 15 Jahren. Ein 15-jähriges Mädchen wird demnach fünfmal häufiger zum Opfer als eine 25-jährige Frau.
P.S.
Natürlich geschieht Gewalt gegen Frauen auch außerhalb der eigenen vier Wände. Und auch Fremde kommen als Täter in Frage – das möchte ich auch gar nicht abstreiten. Wenn du also lernen möchtest, wie du dich wirksam gegen körperlich Stärkere verteidigen kannst, dann kann ich dir unseren Selbstverteidigungskurs empfehlen: Selbstverteidigung lernen – Schritt für Schritt
Foto: Gabriele Remscheid / pixelio.de
[…] Gewalt gegen Frauen: 5 Täterklischees, die du endlich vergessen solltest […]