Im heutigen Podcast spreche ich ein heikles Thema an. Etwas, dass mich früher oft geärgert hat, aber mittlerweile ziemlich kalt lässt. Es geht darum, dass die meisten Kampfkunsttrainierenden glauben, dass ihre Kampfkunst die beste ist und, dass gleichzeitig alle anderen scheiße sind.
Das volle Transkript zum Podcast:
Hallo und herzlich willkommen zum heutigen Podcast.
Ich werde heute ein in meinen Augen großes Einstellungsproblem ansprechen, dass unter Kampfkünstlern weit verbreitet ist. Es geht darum, dass sehr sehr viele Trainierende glauben, dass genau ihre Kampfkunst die beste von allen ist.
Ich habe das schon unzählige Male erlebt – und zwar quer durch die unterschiedlichsten Kampfkünste und Kampfsysteme.
Egal ob das jetzt Wing Chun war, oder Panantukan, Systema oder Krav Maga – die meisten glauben, dass gerade ihr System allen anderen weit überlegen ist.
Ich nehm mal als erstes Beispiel Wing Chun her, dass ich schon am längsten trainiere.
Versteh mich bitte nicht falsch: Ich bin ein totaler Fan von Wing Chun – aber nicht davon, wie es vielerorts umgesetzt und trainiert wird. Und vor allem stört mich auch die Einstellung vieler Wing Chun Leute sehr.
Ich habe das in meiner aktiven Zeit in der EWTO oft erlebt, dass sich über andere Stile und einzelne Techniken lustig gemacht wurde. Da hat mal wieder irgend ein Schüler- oder auch höherer Grad eine Messerabwehrtechnik z.B. aus dem Krav Maga aufgeschnappt.
Und schon waren alle zur Stelle und haben sich über die Technik lustig gemacht. Das würde ja nie funktionieren und wir machen das viel besser und unsere Kampfkunst ist die beste!
Und jetzt kommt´s dicke: Ein anderer Schüler aus dem Wing Chun kannte wen, der schon länger Krav Maga trainiert. Der Wing Chun Schüler ist dann auch mal zum Krav Maga Training gegangen und dort haben sie ihn gefragt, was wir denn im Wing Chun so für Messerabwehren machen.
Er hat ihnen dann gezeigt, was er bis dahin so alles an Messerabwehren gesehen hat.
Und weißt du was passiert ist: Die Krav Maga Leute haben sich total darüber lustig gemacht. Das würde ja nie funktionieren und sie machen das viel besser und ihre Kampfkunst ist sowieso die beste.
Aber das ist noch nicht der Schlusspunkt der Tragödie.
Ein anderer Wing Chun Schüler kam auf die Idee, ein Probetraining bei den Systema Leuten zu machen. Ich muss vielleicht vorausschicken, dass die Hauptverantwortlichen Systema Leute wo er hingegangen ist, alles Ex Wing Chunler sind, die früher mal in derselben Wing Chun Schule trainiert haben.
Ja wie gesagt, er hat sich das Training dort angesehen und ein paar Tage später hat er mir berichtet wie es war.
Er meinte, er könne sich nicht vorstellen, dass ein durchschnittlicher Trainierender da jemals wirklich was sinnvolles lernt. Das Training sei viel zu frei gestaltet ohne klare Anweisungen, die ein Anfänger ganz einfach braucht – so wie es halt auch im Wing Chun ist.
Die einzigen Leute, die sich gut bewegt haben und wo man merkt, dass sie was drauf haben, sind die Ex Wing Chunler. Und das wiederum hat für ihn bestätigt, dass nur Wing Chun was taugt und somit die beste Kampfkunst ist.
Was er in seiner Schlussfolgerung nicht berücksichtigt hat, ist, dass diese Ex Wing Chunler zu dem Zeitpunkt natürlich ein Vielfaches mehr an Trainingsstunden auf dem Buckel hatten als die anderen, die ja neu angefangen haben. Und somit der Vergleich wohl etwas hinkt. Aber gut.
Jene angesprochenen Systema Leute lästern ja auch übers Wing Chun. Für sie ist es viel zu technikorientiert, zu starr und die Leute, die Wing Chun trainieren, können sich nicht wirklich bewegen – so als hätten sie einen Besenstiel im Arsch stecken.
(Und teilweise haben sie was das betrifft ja auch recht.)
Ihrer Meinung nach ist Systema die beste Kampfkunst, die es gibt. Eh klar.
So und jetzt frag ich dich:
Wer hat recht? Welche Kampfkunst ist die beste?
Ich verrate dir ein Geheimnis: Keine Kampfkunst ist perfekt. Wer glaubt, dass SEINE Kampfkunst, die er trainiert, die beste ist, ist in meinen Augen einfach nur eines: ein IDIOT.
Jede Kampfkunst hat Stärken und Schwächen. Wer das einsieht, hat viel gewonnen, weil er auch offen ist für neue Ideen.
Und ganz ehrlich: Ab einem gewissen Niveau – also nach einigen Jahren und vielen vielen Stunden des Trainings – wird es auch Zeit mal über den Tellerrand zu blicken und zu realisieren, dass andere auch was drauf haben und vielleicht sogar manche Dinge besser machen.
Aber ganz wichtig: Wenn du dir eine andere Kampfkunst ansiehst, dann mach es mit einem offenen Geist und gib ihr auch wirklich eine Chance. Und vor allem: Belass es nicht nur bei einem Probetraining, sondern schau öfters vorbei.
Du wirst großen Nutzen daraus ziehen – glaub mir. Ich für meinen Teil mache das. Und meine Fortschritte in letzter Zeit sind größer als jemals zuvor.
Ja und dann bleibt mir für heute nur noch Danke zu sagen, dass du hier warst und reingehört hast. Wenn dir der Podcast gefallen hat, dann stell gleich mal sicher, dass du keine weitere Episode mehr versäumst und trag dich in meinen Newsletter ein! Und dann bis zum nächsten Mal. Tschüss 🙂
P.S.
Kennst du schon die beste Selbstverteidigung, die es gibt? Wenn nicht, dann klicke hier.
Foto: kuco - clipdealer.com
Emm Jott meint
Sehr wahre Worte, vielen Dank für die klugen Gedanken.