Das Wort Kampfsport ist wohl jedem von uns ein Begriff. Selbst die breite Öffentlichkeit kann etwas damit anfangen.
Doch die wenigsten wissen, was einen Kampfsport wirklich ausmacht, und vor allem: wann es eben kein Kampfsport mehr ist.
Oft wird ja auch davon gesprochen, wenn man eigentlich Kampfkunst meint.
Bringen wir also mal etwas Licht in das Dunkel …
Kampfsport als Oberbegriff?
#1. In der Öffentlichkeit bedeutet Kampfsport oft Kampfkunst, und zwar egal von welchem Stil die Rede ist. Es ist also in der allgemeinen Wahrnehmung so etwas wie ein Oberbegriff geworden.
Oder versuch mal jemandem, der nie einen Kampfstil trainiert hat, zu sagen, dass du Kampfkunst trainierst. So gut wie immer wirst du fragende Blicke ernten. Sagst du ihm / ihr aber, dass du Kampfsport machst, dann wissen alle bescheid.
Es ist ganz egal was du machst: Sei es Kickboxen, Karate, Taekwondo, Wing Chun oder Escrima. Für den Laien ist es nur eines, nämlich Kampfsport.
#2. Kampfsport hat sich aus der Kampfkunst entwickelt: Und einige Kampfkünste wurden auch immer mehr versportlicht, sodass sie heute eher als Kampfsport denn als Kampfkunst anzusehen sind.
Als ein gutes Beispiel ist hier Judo zu nennen. Der Begründer Kano Jigoro hatte es ursprünglich als Kampfkunst konzipiert, die auch Schläge und Waffentechniken beinhaltete.
Erst mit der Zeit wurde Judo immer mehr versportlicht und gefährliche Techniken wurden aus dem System entfernt, um es wettkampftauglich zu machen. Dadurch wurde Judo im Jahre 1964 sogar zu den olympischen Spielen zugelassen.
Wichtige Charakteristika von Kampfsportarten
Doch du fragst dich vielleicht, was einen Kampfsport denn nun konkret ausmacht …
#3. Es gibt Wettkämpfe: Im Kampfsport steht – wie es der Name bereits vermuten lässt – der sportliche Kampf ganz klar im Vordergrund.
Damit ist Kampfsport auch vergleichbar mit anderen Sportarten wie Tennis und Fußball. Es geht um´s Gewinnen und um das Messen mit anderen Sportlern in einem hoffentlich fairen Wettkampf.
Damit es möglichst fair zugeht, gibt es Gewichtsklassen, klare Regeln und auch einen Ringrichter, der darauf achtet, dass diese Regeln eingehalten werden. Hält man sich nicht daran, gibt es Verwarnungen bzw. Disqualifikation oder sogar den Ausschluss vom gesamten Wettkampf.
All diese Maßnahmen dienen vor allem dazu, dass sich niemand ernsthaft verletzt. Würde es keine Regeln geben, dann könnten einige Kämpfe sogar tödlich enden. Im Kampfsport nutzt man daher nur Techniken, die nicht eine potentiell tödliche Wirkung haben.
#4. Kampf Mann gegen Mann: Das unterscheidet den Kampfsport auch deutlich von einer Selbstverteidigungssituation. Wenn man Selbstverteidigung trainiert, dann sollte man sich auch darauf einstellen, dass man sich vielleicht nicht nur einem Gegner gegenübersieht. Es kann nämlich auch sein, dass sich Umstehende in den Kampf einmischen.
Im Kampfsport kommt dies allerdings nicht vor. Wie gesagt steht hier Fairness im Vordergrund. Und das bedingt, dass sich immer nur zwei Kämpfer oder Kämpferinnen gegenüberstehen.
Ja und das ist noch so ein Punkt: Es kämpfen immer nur Männer und Frauen unter sich und niemals gemischt.
#5. Man trägt Schutzausrüstung: Bei sportlichen Wettkämpfen tragen die Teilnehmer in der Regel auch Schutzausrüstung wie Kampfsporthelme, Faustschützer und Zahnschutz.
Auch durch diese Maßnahmen möchte man natürlich verhindern, dass sich jemand ernsthaft verletzt. Und das ist auch gut so.
#6. Ausdauer und Fitness sind wichtig: Ein sportlicher Wettkampf ist meist sehr anstrengend und geht oft über mehrere Runden. Da braucht man jede Menge Ausdauer und Fitness um das durchzustehen.
Oder sieh dir nur mal Profiboxer an:
Probier mal drei Minuten lang lockeres Sparring um einen Eindruck davon zu bekommen, wie fit die sein müssen.
Und ein Profikampf ist noch um ein Vielfaches intensiver als lockeres Sparring und kann im Extremfall über 12 Runden gehen.
Warum solche Kämpfe so lange dauern können, ergibt sich aus obigen Gründen: Vieles ist eben nicht erlaubt und die Leute tragen Schutzausrüstung wie z.B. dicke Faustschützer im Boxen. Das sorgt dafür, dass die meisten Kämpfe deutlich in die Länge gezogen werden (was nicht heißt, dass sie nicht auch jede Menge einstecken müssen).
Kampfsport vs. Kampfkunst als Kontinuum
Doch so einfach ist die Unterscheidung dann doch nicht …
#7. Viele Kampfsportarten enthalten auch Aspekte einer Kampfkunst und umgekehrt: Sehr oft kann man eben nicht genau sagen, ob es sich in erster Linie um Kampfsport oder um Kampfkunst handelt. Der Übergang ist häufig fließend.
#8. Oft wird auch Selbstverteidigung trainiert: Das macht eine Unterscheidung auch nicht gerade einfacher.
In vielen Kampfsportarten ist es nämlich gang und gäbe, dass von Zeit zu Zeit auch Selbstverteidigungsübungen integriert werden, um seine Fähigkeiten auch in einer realen Bedrohungssituation einsetzen zu können. Allerdings tritt dieser Aspekt meist in den Hintergrund.
#9. Letztendlich hängt viel von der Stilrichtung, dem Verband und dem Trainer ab: Wenn du zum Beispiel Karate machst, dann kann es sich dabei sowohl um Kampfsport als auch um Kampfkunst handeln – oder aber um eine Mischung daraus.
Großen Anteil an der Unterscheidung hat schon mal die Stilrichtung, die du praktizierst. Es gibt zum Beispiel auch reines Sportkarate, das ist dann Kampfsport pur.
Der Fokus des ursprünglichen Karate lag aber auch am Verteidigen. Karate kann also auch zur Selbstverteidigung genutzt werden. Doch da kommt vor allem auch der jeweilige Trainer deines Dojo´s ins Spiel und wie er das Training auslegt: mehr als Kampfsport, als Kampfkunst oder zur Selbstverteidigung.
Alles ist möglich und man kann halt nicht einfach ein bestimmtes Kampfsystem wie zum Beispiel eben Karate in eine einheitliche Schublade sperren und mit Kampfsport abstempeln. Das würde viel zu kurz reichen.
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Foto: ostill - clipdealer.com
Silvio meint
Hallo Martin,
sehr guter Beitrag – danke dafür! 🙂
Was hältst du vom Thema Selbstverteididungskurse? Bringen die etwas oder nichts?
Viele Grüße,
Silvio
Martin Grünstäudl meint
Hallo Silvio,
wenn der Selbstverteidigungskurs gut gemacht ist, dann spricht eigentlich nichts dagegen. Man bekommt zumindest eine erste Vorstellung davon. Aber nach einem einzigen Kurs mit sagen wir mal 10 Einheiten bist du natürlich noch nicht allem gewappnet.
Liebe Grüße
Martin
Hannes meint
Wie ist das generell, wie lange brauche ich da, um das so zu verinnerlichen, dass ich da in der Ernstsituation richtig reagiere?
LG Hannes
Martin Grünstäudl meint
Hallo Hannes,
das kommt drauf an, wie intensiv du es betreibst. Generell kann man aber sagen, dass dich jedes Training ein kleines Stückchen besser macht. Wenn das Training dementsprechend gut ist und du viel Energie investierst, dann bist du nach ein paar Monaten zumindest kein Opfer mehr sondern ein ernsthafter Gegner 🙂
lg Martin
Be water, my friend... meint
Also wenn ein Kampfsportverein Selbstverteidigung anbietet , ist schon einmal etwas faul. Sport in einem behüteten Umfeld (Regeln, Schiri, Vorbereitung, Kampfzeit,…) ist genau das Gegenteil dessen, was einem bei einer echten Auseinandersetzung erwartet.