Wenn es um Selbstverteidigung geht, dann möchte man natürlich auf alle Arten von Bedrohungen vorbereitet sein. Und grob gesagt kann man bedrohliche Situationen in drei Kategorien einordnen (zumindest wenn es um waffenlose Selbstverteidigung geht):
#1. Einerseits ist es möglich, dass sich die Kontrahenten wie in einem Kung-Fu-Film gegenüberstehen in einer Art Wettstreit. Wenn dem so ist, dann spricht man von einem Duellkampf. Dies wird in der Regel in Kampfsportschulen am meisten trainiert. Und das obwohl es eigentlich jene Bedrohungsart ist, die statistisch gesehen am seltensten vorkommt.
#2. Weitaus häufiger hingegen tritt die zweite Art von Bedrohung auf, nämlich der Überfall. Dabei wirst du vom Aggressor überrascht und womöglich mit einer Waffe bedroht. Häufig fallen darunter auch Würgeangriffe und Festhaltegriffe – speziell bei Frauen.
#3. Die häufigste Bedrohungsart – sowohl bei Frauen als auch bei Männern (aber ganz speziell bei Männern) – ist allerdings der so genannte Ritualkampf. Der Name „Ritualkampf“ wurde von einem Kung Fu Großmeister namens Keith Kernspecht geprägt und bedeutet, dass der Aggressor (in der Regel männlich) eine Art von Revierverhalten an den Tag legt. Deshalb spricht man hier auch von „Ritual“.
Doch sehen wir uns die einzelnen Bedrohungsarten noch mal genauer an …
(Anmerkung: Dies ist eine Vorschaulektion aus unserem Selbstverteidigungskurs für Anfänger und leicht Fortgeschrittene. Vor allem besteht der Kurs zwar aus Videolektionen, zusätzlich habe ich aber auch etwas Theorie in Form von Textlektionen reingepackt. Ich finde es nämlich wichtig, dass man auch das nötige Hintergrundwissen hat, wenn es um Selbstverteidigung geht.)
Der Duellkampf
Beim Duellkampf wissen beide Kontrahenten bereits, dass es gleich zu einem Kampf kommen wird. Wodurch sich auch beide mental darauf vorbereiten und einstellen können.
Meist gibt es einen Herausforderer und einen, der diese Herausforderung angenommen hat. Somit hat man bei dieser Bedrohungsart in der Regel auch eine Wahl zu kämpfen oder es nicht zu tun.
So gesehen zählt der Duellkampf auch nicht wirklich zur Selbstverteidigung. Denn wenn es um Selbstverteidigung geht, dann gilt stets: Ein vermiedener Kampf ist ein gewonnener Kampf.
Will heißen: Wenn ich einen Kampf vermeiden kann, dann sollte ich dies auch tun. Zu kämpfen wenn es nicht wirklich sein muss, macht überhaupt keinen Sinn. Es gibt dann nämlich keinen wirklichen Gewinner sondern nur zwei Verlierer.
Natürlich kann es aber auch einen aufgezwungenen Duellkampf geben. So verstanden bedeutet Duellkampf, dass mir die Flucht versperrt ist und mich jemand gleich verprügeln möchte. Dieser Jemand befindet sich zu Beginn aber außerhalb der Schlag- und Trittdistanz und ich habe zumindest die Möglichkeit, mich mental auf den Kampf einzustellen und eine mögliche Strategie zu überlegen.
Und genau das unterscheidet den Duellkampf vor allem von den zwei anderen Bedrohungsarten:
- Der Kampf geht nicht sofort los. Ich habe also noch Zeit zu denken.
- Und die Kontrahenten stehen anfangs außerhalb der Schlag- und Trittdistanz.
Da so eine Situation aber für uns mit Sicherheit nicht alltäglich ist, werden wir wohl ziemlich nervös sein. Was wir also brauchen, sind einfache und effektive Techniken, die wir in so einer Situation einsetzen können.
Der Überfall
Ein Überfall kann natürlich auf recht vielfältige Art und Weise ablaufen.
Es kann sein, dass mich jemand in der menschenleeren Gasse überfällt und mich gar mit einem Messer bedroht.
Oder jemand fragt mich nach der Uhrzeit um mich abzulenken und mich gleichzeitig unvermittelt anzugreifen.
Besonders häufig sind davon auch Frauen betroffen, da sie meist als leichtere Beute angesehen werden und auch Vergewaltigungsversuche in der Fremde unter diese Kategorie fallen.
Gemeinsam ist all diesen Dingen aber, dass das Opfer nicht damit gerechnet hat und komplett von der Situation überrumpelt wurde. Im Unterschied zum Duellkampf bleibt dem Opfer also auch keine Zeit um nachzudenken und sich mental auf den Angriff vorzubereiten.
Und somit ist auch besonders rasches Handeln gefordert.
Trainieren kann man dies auf unterschiedliche Weise:
- Man sollte vor allem gewisse Schreckreaktionen eintrainieren, die unsere vitalen Körperregionen möglichst gut schützen sollen (zum Beispiel auch Angriffen durch Zurückpendeln bzw. durch Einsatz der Schulter abzuwehren).
- Natürlich fallen hierunter auch Selbstbefreiungstechniken wie Würgeabwehren etc.
- Und auch die Verteidigung gegen Waffen sollte geübt werden
Der Ritualkampf
Diese Art der Bedrohung betrifft beide Geschlechter, doch besonders stark sind hiervon wohl eher Männer betroffen. Und es ergeben sich auch geschlechtsspezifische Unterschiede:
- Männer sind davon eher in der Fremde stark betroffen, wenn sie irgendjemand an der Bar blöd anmacht, sich in Rage redet und das Opfer dann K.O. schlägt.
- Frauen sind vom Revierverhalten der Männer eher in den eigenen vier Wänden betroffen und müssen sich da eher vor Übergriffen in Acht nehmen.
Vor allem der Ritualkampf unter Männern lässt sich so charakterisieren:
Es handelt sich dabei um eine typische Bedrohungssituation, wenn du abends ausgehst und dich ein meist betrunkener Barbesucher aus heiterem Himmel anpöbelt und belästigt. Wenn es bei der Belästigung bleibt, ist es auch nicht weiter schlimm. Doch oft genug artet es aus, weil man selbst nicht weiß, wie man sich in einer solchen Situation am besten verhalten soll.
Dabei gäbe es insgesamt vier Phasen im typischen Ritualkampf, in denen man etwas unternehmen kann um heil aus dem Schlamassel rauszukommen (hierzu dann noch mehr in unserem Selbstverteidigungskurs):
- Die visuelle Phase
- die verbalePhase
- die Schubs- bzw. Greifphase
- und die Angriffsphase.
Du kannst dem Ritualkampf unter Männern somit auf unterschiedlichen Stufen entgehen. Solltest du allerdings jede Möglichkeit in den ersten drei Phasen versäumt haben, dann ist es wichtig, die Abwehr der häufigsten Angriffe zu trainieren. Und dazu zählt vor allem der Sucker Punch.
Frauen sind etwas weniger von dieser hier geschilderten Art des Ritualkampfes betroffen (auch wenn es natürlich vorkommen kann). Als zusätzliche Bedrohungssituation kommen hier jedoch sexuelle Übergriffe im eigenen sozialen Umfeld hinzu (siehe auch „Gewalt gegen Frauen: 5 Täterklischees, die du endlich vergessen solltest„).
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