Trapping wird vor allem im Jeet Kune Do trainiert – einer Kampfkunst, deren Begründer niemand geringerer war als Bruce Lee.
Doch natürlich setzen auch andere Kampfkünste wie zum Beispiel Wing Chun Trapping ein – aber eben nicht im selben Ausmaß wie das im Jeet Kune Do der Fall ist.
Nachfolgend verrate ich dir, was Trapping ist, wie du es trainieren kannst und auf was du dabei achten musst …
Trapping: Wozu?
Beim Trapping geht es einerseits darum, die Arme des Gegners vorübergehend zu fesseln bzw. ihn dermaßen aus dem Gleichgewicht zu bringen, dass er uns nicht schlagen kann und auch unsere eigenen Schläge nicht mehr abwehren kann.
Andererseits geht es im Trapping auch darum, dass wir uns mit bestimmten Handtechniken den Weg für einen Angriff freiräumen und blitzschnell lernen zu reagieren, falls der Gegner unsere Angriffe doch noch abwehrt bzw. blockt.
Doch vielleicht zeigt ein Video besser, was Trapping eigentlich ist. Und wer könnte es besser vorzeigen, als Bruce Lee höchstpersönlich (Minute 0:28 bis 1:03):
https://www.youtube.com/watch?v=JveOq_Zbt1M
Was hat Bruce Lee gemacht?
- Er hat den gegnerischen Arm mit einem Pak Sao weggeräumt. Dadurch war der Weg frei für einen Fauststoß.
- Das hat auch ein zweites Mal prima funktioniert.
- Beim dritten Mal war der Gegner schon vorgewarnt, weshalb Bruce Lee zu einer Finte griff: Er täuschte unten an, machte einen Angriff oben – dieser wurde geblockt – deshalb reagierte er blitzschnell mit einer Rückfaust.
Ich finde diese kurze Videosequenz zeigt prima, wieso es sich lohnt, sich mit Trapping zu beschäftigen:
> Du schulst damit wunderbar deine taktilen Reflexe (will heißen, du lernst Druckrichtungen zu spüren und darauf richtig zu reagieren)
> Trapping ermöglicht es dir, auch in vollem Tempo zu trainieren – und zwar ohne große Verletzungen zu riskieren
> Du lernst weiterzumachen, wenn du geblockt wirst. Durch häufiges Trappingtraining bist du es gewohnt, dass dein Gegner deinen Angriff blockt. Somit kann man dich auch nicht aus dem Konzept bringen, wenn es in einem wirklichen Kampf mal passiert.
> Du bist dem Gegner immer einen Schritt voraus – entweder er reagiert auf deinen Angriff oder er bekommt eine in die Fresse.
> Du lernst auch in kurzer Distanz zu kämpfen. Durch häufiges Üben in dieser Distanz gewöhnst du dich daran. Und gewohnt sind das die meisten anderen garantiert nicht – was ebenfalls ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist.
> Das Trappingtraining im Jeet Kune Do ist unter anderem auch eine wunderbare Ergänzung zum Chi Sao Training im Wing Chun. Beim Chi Sao wartet man nämlich in der Regel passiv auf einen Angriff des Partners, auf den man dann reagiert. Im Trapping allerdings greift man selbst an und reagiert dann auf Blocks des Gegners – wodurch es eine etwas andere Art taktilen Trainings ist.
Doch du fragst dich vielleicht, wer in Gottes Namen sich so hinstellt, wie die zwei aus dem Video – die Hände offen und gegenseitig berührend?
Und du hast recht, das tut natürlich niemand in einem echten Kampf.
Doch das behauptet ja auch keiner. Es ist einfach eine Trainingsmethode um obengenannte Fähigkeiten zu entwickeln.
Und außerdem: Diese Berührung auf der Zentrallinie der beiden repräsentiert nur einen Referenzpunkt, der in einem Kampf für einen kurzen Moment entstehen kann.
Zum Beispiel hätten sie gerade Fauststöße machen können, welche sich an diesem Punkt in der Mitte berührt hätten. Durch fleißiges Trappingtraining weißt du in einem solchen Moment sofort zu reagieren, weil du diese Position im Training schon tausendmal erspürt hast.
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Du suchst nach einfachen Anleitungen, um Trapping von zu Hause aus zu lernen?
Wenn ja, dann habe ich etwas für dich:
Jeet Kune Do / Wing Chun: Trapping & Chi Sao
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Trapping: Tipps fürs Training
Jetzt wo wir geklärt haben, wozu Trapping überhaupt gut ist, stellt sich noch die Frage, wie man es am besten trainiert.
Ich habe dazu ein paar Tipps für dich zusammengestellt:
Tipp Nr. 1: Stellt euch beim Training genauso hin wie es Bruce Lee in dieser kurzen Videosequenz vorgezeigt hat. Dabei solltet ihr euch nicht direkt gegenüber stehen, sondern leicht versetzt (Details dazu in meinem Video zu den Trapping-Grundlagen)
Tipp Nr. 2: Die Hände sind offen und noch nicht zur Faust geballt. Dies ist wichtig, da man bei geschlossener Faust automatisch schon etwas angespannt ist.
Sind die Hände offen, ist man viel relaxter und man kann dann Druckrichtungen des Gegners besser erspüren und schneller reagieren (was vor allem zu Beginn wichtig ist – später nicht mehr so, wenn du schon um einiges besser bist).
Tipp Nr. 3: Was du im Training unbedingt brauchst, ist eine gewisse Vorwärtsspannung. Ohne eine solche Vorwärtsspannung bist du automatisch viel langsamer in deinen Reaktionen.
Im Wing Chun lautet ein Kampfprinzip „Wenn der Weg frei ist, stoß vor“. Dies gilt auch im Jeet Kune Do Trapping: Würde dein Trainingspartner einfach seine vordere Hand fallen lassen, dann wäre der Weg frei um anzugreifen.
Hast du jetzt keine Vorwärtsspannung, dann brauchst du erstmal einen Moment um zu realisieren, dass der Weg frei ist. Ist die Vorwärtsspannung aber bereits da, dann macht das dein Körper nach ein paar Trainingsstunden automatisch.
Und dies macht natürlich deine Reaktionen um ein Vielfaches schneller.
Tipp Nr. 4: Beginne erstmal die Grundlagen zu trainieren. Dazu gehört vor allem, richtig anzugreifen.
Die ersten Techniken, die du hierfür lernen solltest, sind meiner Meinung nach Pak Sao bzw. Lap Sao und Fauststoß.
Erst wenn du diese beiden Techniken korrekt ausführen kannst, solltest du dazu übergehen, Reaktionen auf diverse Blocks zu trainieren. Beginnst du nämlich gleich mit diesem Reaktionstraining, dann besteht die Gefahr, dass du nur halbherzig angreifst, weil dein Trainingspartner sowieso blocken wird.
Details zum Trapping mittels Pak Sao und Lap Sao gibt es in vorhin genanntem Video von mir.
Tipp Nr. 5: Trainiere die einzelnen Techniken zuerst separat – also jede Technik für sich – bevor ihr anfangt, frei auf unterschiedliche Druckrichtungen zu reagieren.
Dazu gehört auch, dass man die einzelnen Techniken mal für eine Weile betont langsam trainiert, damit sich der korrekte Ablauf im Körper einprägt. Schnell ausführen kann man es später immer noch.
Gerade Anfänger machen fast immer den Fehler, dass sie zu früh in einem zu hohen Tempo trainieren.
Geh´s lieber langsam an. Nimm dir die Zeit, um die Bewegungen korrekt zu lernen. Langfristig zahlt sich das auf jeden Fall aus.
Tipp Nr. 6: Sobald du die einzelnen Bewegungen bereits im Schlaf ausführen kannst, wird es allerdings Zeit, das Schwierigkeitsniveau zu erhöhen.
Fangt also auch an, unterschiedliche Blocks zu machen – und zwar durcheinander, sodass man sich nicht von vornherein darauf einstellen kann, welche Reaktion gleich notwendig sein wird.
Und dazu gehört auch, manchmal den Schlag des anderen einfach durchzulassen.
Ich hab das vorhin schon mal kurz erwähnt: Wenn man darauf wartet, dass der andere gleich blocken wird, dann greift man auch nicht mehr richtig an. Und das sollte man sich keinesfalls angewöhnen.
Gegensteuern kann man ganz einfach, indem man hin und wieder einfach nichts macht und sich angreifen lässt.
Tipp Nr. 7: Sobald du auch den Trainingstipp Nr. 6 halbwegs gut umsetzen kannst, dann kannst du damit beginnen, Trapping ohne vorherige Berührung zu üben.
Dein Trainingspartner soll sich dafür einfach frei im Raum bewegen mit der Deckung oben.
Und auch die Deckung sollte sich dabei frei bewegen – und ruhig auch wechseln zwischen z.B. Linksausleger und Rechtsausleger.
Du versuchst dann einfach einen günstigen Moment – sprich eine Lücke – auszunutzen und anzugreifen.
Übt ihr es das erste mal, dann genügt das wahrscheinlich schon als eigenständiges Training. Habt ihr es aber schon ganz gut drauf, dann könnte dein Trainingspartner auch noch versuchen, deine Angriffe zu blocken.
Trapping: Häufige Fehler
Fehler Nr. 1: Du stehst zu weit weg.
Trapping eignet sich nämlich nur für die Nahdistanz.
Wenn du zu weit wegstehst und versuchst den Arm des Gegners zu greifen bzw. wegzuschlagen, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der andere das merken und verhindern wird.
Fehler Nr. 2: Du hast nicht gelernt, wie du in diese Nahdistanz kommst.
Trappingtraining ist zwar super, doch du darfst auch das übrige Training nicht vernachlässigen. Dazu gehört auch, wie du es schaffst, in die richtige Trappingdistanz zu gelangen.
Im Jeet Kune Do bedient man sich unter anderem diverser Finten um nah genug heran zu kommen (wie das ja auch Bruce Lee in dem Filmausschnitt gemacht hat).
Fehler Nr. 3: Dir fehlt der Vorwärtsdrang.
Diesen Fehler beobachtet man recht häufig. Doch Fakt ist, dass die meisten Techniken nur dann funktionieren, wenn man den nötigen Vorwärtsdrang hat.
Das ist übrigens auch eine der größten Schwächen von Drills.
Dabei macht man eine (oder auch zwei, drei etc.) Technik(en) und der andere kontert. Ich wiederum kann diesen Konter wieder mit derselben Technik beantworten.
Und somit dreht sich das ganze immer wieder im Kreis.
Doch versteh mich nicht falsch: Ich bin durchaus ein großer Fan von Drills (vor allem bei Anfängern und erst leicht Fortgeschrittenen), denn dadurch schafft man es, eine extrem hohe Zahl an Wiederholungen in kürzester Zeit zusammenzubringen.
Doch man darf eben auch nicht vergessen, dass bei solchen Drills dieser Vorwärtsdrang fehlt, der die einzelne Technik erst gefährlich und schwer abwehrbar macht.
Deshalb sollte man sich im Training auch nicht allein auf Drills verlassen um bestimmte Fähigkeiten zu trainieren.
Fehler Nr. 4: Dein Trainingspartner ist immer locker
Es ist natürlich super, wenn ihr es beide schafft, im Training immer locker und niemals verspannt zu sein. Dann funktionieren auch alle Techniken besser und man reagiert schneller.
Doch es hat auch einen Nachteil: Wenn der Trainingspartner immer locker nachgibt (zum Beispiel beim Pak-Sao-Einstieg), dann lerne ich nie, was zu tun ist, wenn der andere angespannt und steif ist.
Und in der Realität wird dein Gegner wahrscheinlich nicht so locker drauf sein wie dein Trainingspartner. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er total angespannt ist und du seinen Arm mit einem Pak Sao eben nicht wie gewohnt aus dem Weg räumen kannst.
Wenn du das aber nie trainiert hast, dann kuckst du mit Sicherheit schön blöd aus der Wäsche in einem solchen Moment.
Trainiert deshalb auch genau das: Sag deinem Trainingspartner, dass er hin und wieder deinen Pak Sao nicht durchlassen soll.
Fehler Nr. 5: Du verwendest Trapping als einzige taktile Trainingsmethode
Ich bin der Meinung, dass man taktile Reflexe auf unterschiedlichste Arten trainieren sollte.
Dazu gehört es für mich auch, sich mit dem Jeet Kune Do Trapping auseinanderzusetzen.
Doch dabei sollte das taktile Reaktionstraining nicht enden. Und das schöne ist, dass es unzählige Möglichkeiten gibt, um seine taktilen Reflexe zu schulen:
- abgesprochene bzw. auch freie Angriffe aus dem Chi Sao bzw. Dan Chi (= einarmiges Chi Sao) heraus
- Chi Sao Sektionen aus dem Wing Chun durcheinander trainieren (also ohne fixe Reihenfolgen)
- Trapping ohne vorherigen Kontakt (siehe Tipp Nr. 7 weiter oben)
- freies Reagieren auf Angriffe mit/ohne vorherigen Kontakt
- freies Reagieren auf Angriffe ohne vorherigen Kontakt und mit geschlossenen Augen
- und noch viele mehr …
Ein solch abwechslungsreiches Training hat dann auch noch einen Vorteil: Es wird nie langweilig 🙂
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Kampfkunstlexikon. Hier klicken für weitere Beiträge.
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P.S.
Hier nochmal der Link zum Video über die Trapping-Grundlagen: Jeet Kune Do Trapping – die Grundlagen
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